Verfahrenspflegschaft
I Anordnung u. Aufgaben
Anordnung:
Der Verfahrengspfleger wird gem. § 276 I FamFG bestellt, wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist.
Nach § 276 II FamFG ist die Bestellung erfordrerlich, wenn
1. von der persönlichen Anhörung des Betroffenen nach § 278 Abs. 4 FamFG in Verbindung mit § 34 Abs. 2 FamFG abgesehen werden soll oder
2. die Bestellung eines Betreuers oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts gegen den erklärten Willen des Betroffenen erfolgen soll.
Gesetzliche Aufgaben:
1. Der Verfahrenspfleger hat die Wünsche, hilfsweise den mutmaßlichen Willen des Betroffenen festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen.
2. Er hat den Betroffenen über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in geeigneter Weise zu informieren und ihn bei Bedarf bei der Ausübung seiner Rechte im Verfahren zu unterstützen.
Der Verfahrenspfleger ist (entgegen einiger Entscheidungen) nicht gesetzlicher Vertreter des Betroffenen, sondern ein eigenständiges Rechtspflegeorgan.
Die Bestellung endet, sofern sie nicht vorher aufgehoben wird, mit der Rechtskraft der Endentscheidung oder mit dem sonstigen Abschluss des Verfahrens, $§ 276 VI FamFG.
Der Verfahrenspfleger kann gem. BVerfG Rechtsmittel gegen die Entscheidung der Instanzgerichte führen (siehe Rechtsprechung), wenn dies zur Geltendmachung der Rechte des Betroffenen notwendig ist.
In keinem Fall ist der Verfahrenspfleger "Gegenbetreuer"; die Kompetenzen sind abschließend formuliert. (hierzu LG München I, Beschluss v. 11.05.2021 – 13 T 13463/20)
II Konkludente Bestellung
Nach aktueller Rechtsprechung braucht es für die Bestellung nicht zwingend eine formale, wohl aber eine konkludente Bestellung in Form einer Ladung (BGH, Beschluss vom 16.03.2022 - XII ZB 154/21 = openJur 2022, 8604).
Vorteil ist die kurzfristig mögliche Bestellung, Nachteil ggfs. der unklare Auftrag und damit größerer Schreibaufwand, da in der Stellungnahme auf alle Umstände der Bestellung eingegangen werden muss.